Angriff der deutschen und italienischen Truppen
Im April 1941 überfielen Wehrmachtstruppen von Bulgarien aus das griechische Festland. Wenige Tage vor dem Einmarsch flohen König Georg II. und die griechische Regierung ins Exil nach Kairo. Nach der Besetzung des griechischen Festlandes erfolgte am 20. Mai 1941 der Angriff der deutschen Truppen auf Kreta. Im Rahmen der Luflandeoperation „Merkur“ sprangen über 10.000 Fallschirmjäger über der Mittelmeerinsel ab. Gefolgt von ca. 13.000 Gebirgsjägern und mit Unterstützung des faschistischen Bündnispartners Italien begannen sie die Insel einzunehmen. Mit der Besetzung wurden militärstrategische Ziele verfolgt: Die auf Kreta stationierten Commonwealth-Truppen sollten vertrieben werden, um die Insel als Absprung- und Nachschubbasis für militärische Operationen in Nordafrika und als Rückendeckung für den Überfall auf die Sowjetunion zu sichern.
Widerstand der Bevölkerung
Auf Kreta waren die deutschen Truppen nicht nur mit ca. 40.000 britischen, neuseeländischen und australischen Soldaten konfrontiert, sondern mit dem unerwarteten und erbitterten Widerstand der Bevölkerung. Frauen, Männer und Kinder griffen zu allen verfügbaren Waffen. Der starke Verteidigungswille einer seit Jahrhunderten von Besatzungsmächten geprägten Inselbevölkerung basierte auf der Tradition, sich gegen eindringende Truppen zu wehren – hinzu kam die repressive Vorgehensweise der deutschen Truppen, die die Zivilbevölkerung zu den Waffen greifen ließ. Für sie war es ein Kampf um ihre Freiheit, gegen die Vernichtung ihrer Angehörigen und die Zerstörung der Dörfer.
„Was würdet ihr machen, wenn sie zu euch nach Hause kämen und den Frieden eurer Familie zerstörten? Würdet ihr das tolerieren? Würdet ihr sagen: willkommen? Was würdet ihr tun? Würdet ihr nicht zu den Waffen greifen, zu Äxten, zu Holzlatten?“ Jiannis Papailiakis aus Kandanos.
Deutsche Vergeltungsmaßnahmen
Aufgrund des Widerstands erließ der auf Kreta kommandierende General, Kurt Student am 31. Mai 1941 einen vernichtenden Befehl: „Ich beabsichtige mit äußerster Härte vorzugehen. (...) Als Vergeltungsmaßnahmen kommen in Frage: Erschießungen, Kontributionen, Niederbrennen von Orten, Ausrottung der männlichen Bevölkerung ganzer Gebiete. Es kommt darauf an, alle Maßnahmen mit größter Beschleunigung durchzuführen, unter Beiseitelassung aller Formalien und unter bewußter Ausschaltung von besonderen Gerichten (...).“
In der Weisung Nr. 31 vom 9. Juni 1941 erklärte Hitler die Niederschlagung innerer Unruhen als eine Hauptaufgabe der Besatzungstruppen. Für die in Griechenland besetzten Zonen wurde der verschärfte Ausnahmezustand verkündet. Die Wehrmacht wurde zum Inhaber aller Gewalt.
Das Vorgehen der deutschen Truppen gegen die sich verteidigende Bevölkerung Kretas wurde außerhalb der Gerichtsbarkeit gestellt. Indem die Bewohner als Banditen, Kommunisten oder Kriminelle bezeichnet wurden, konnten die Zerstörungen der Dörfer und Erschießungen der Bevölkerung als „Notwehr“ legitimiert werden. Die Wehrmachtssoldaten mussten nicht damit rechnen für ihre Handlungen – die gemäß internationalen Abkommen völkerrechtswidrig waren – zur Verantwortung gezogen zu werden. Aussagen ehemaliger Wehrmachtssoldaten belegen aber auch, dass diejenigen, die die Ausführung derartiger Befehle verweigerten, nicht zwingend mit Sanktionen rechnen mussten.
Anfang Juni 1941 befahl der Kommandeur der 5. Gebirgsjägerdivision, Generalmajor Ringel: „für jeden Verwundeten oder Gefallenen 10 Kreter zu erschießen, Gehöfte und Dörfer, in denen deutsche Truppen beschossen werden, nieder zu brennen, in allen Orten Geiseln sicherzustellen.“
Kandanos war die erste Ortschaft Kretas, wo das Prinzip der Kollektivhaftung umgesetzt wurde. Nach dem Angriff auf einen deutschen Fallschirmjägerzug im Raum Kandanos wurde das Dorf niedergebrannt und zerstört. Die Einwohner und Einwohnerinnen retteten sich in die Berge. Ein Befehl der deutschen Besatzungsmacht untersagte der Bevölkerung die Rückkehr in ihr Dorf für die folgenden Monate.
Nach griechischen Schätzungen kamen während der deutschen Besatzung Kretas zwischen 3.000 und 9.000 Zivilisten und Zivilistinnen ums Leben.
Leben unter deutscher Besatzung
Neben den Erschießungen und der Zerstörung der Dörfer sah sich die Bevölkerung mit der Beschlagnahmung ihrer Fahrzeuge und technischer Gerätschaften durch die deutschen Truppen konfrontiert. Zudem wurden ihr bzw. den staatlichen Kassen die Stationierungskosten der Besatzungstruppen auferlegt und ein Teil der landwirtschaftlichen Produkte musste an die Besatzungsmacht abgegeben werden. Aufgrund dieser Abgaben und zusätzlicher Plünderungen durch deutsche Soldaten litt die Bevölkerung zunehmend unter Nahrungsknappheit.
Der „Kommandeur der Festung Kreta“ verfügte am 17. Juni 1941 eine Arbeitsverpflichtung, nach der die gesamte Bevölkerung, „unabhängig von Beruf, Alter und Geschlecht“, zur Arbeit herangezogen werden konnte. Hierfür wurden unter deutscher Aufsicht stehende Arbeitsbehörden geschaffen. Die Tätigkeiten im Rahmen dieser Arbeitsverpflichtung umfassten vor allem den Bau von Straßen und Befestigungsanlagen. Doch viele auf Kreta widersetzten sich diesen Arbeitsverpflichtungen: „Wenn man für die Deutschen nicht arbeitete, drohte man erschossen zu werden, wenn man aber wie ein Esel für die Deutschen arbeitete, drohte man auch erschossen zu werden. Da gingen wir in die Berge, das ist doch klar!“ (Nikos Stavrakakis aus Viannos)
Die Entstehung organisierter Widerstandsgruppen
Im Unterschied zum Festland formierten sich auf Kreta bereits im Juni 1941 kleine Widerstandsgruppen. Die unwegsamen Berge wurden zum Rückzugsort der fliehenden Bevölkerung und zum Zentrum des Widerstands und Partisanenkampfes. Männer, Frauen und Kinder unterschiedlicher gesellschaftlicher Herkunft leisteten zunächst gemeinsam gegen die deutschen Truppen Widerstand. Einige kämpften von Beginn an gemeinsam mit britischen, australischen und neuseeländischen Soldaten.
Die Widerstandshandlungen der Bevölkerung Kretas umfassten bewaffnete Kämpfe, Sabotageaktionen sowie die Versorgung der Commonwealth-Truppen mit Informationen und Lebensmitteln. Außerdem unterstützte die Bevölkerung die britisch-neuseeländisch-australischen Soldaten bei ihrer Flucht vor den Deutschen. Sie führten die Soldaten auf sicheren Pfaden an die Südküste, von wo aus diese mit U-Booten der Royal Navy zum britischen Hauptquartier Nahost nach Kairo gebracht werden konnten.
Zur größten Widerstandsorganisation in Griechenland entwickelte sich die Nationale Befreiungsfront EAM (Ethniko Apeleftherotiko Metopo), die im September 1941 von kommunistischen und sozialistischen Parteien gegründet wurde. Die Angaben zur Mitgliederzahl variieren von 200.000 bis 1,6 Millionen. Bei ihrer Gründung hatte sich die griechenlandweit agierende Widerstandsorganisation EAM zwei Hauptziele gesetzt: Befreiung von der deutschen Besatzung und freie Abstimmung über die zukünftige Regierungsform. Von 1936 – 1941 hatte in Griechenland eine Militärdiktatur unter dem General Metaxas geherrscht, unter der die kommunistische Partei in die Illegalität gezwungen worden war. Vor diesem Hintergrund verfolgte der griechischen Widerstand - neben der Vertreibung der deutschen Besatzer - auch gesellschaftspolitische Ziele.
Als bewaffneter Arm der EAM wurde im Mai 1942 die Griechische Volksbefreiungsarmee ELAS (Ellinikós Laikós Apelevtherotikós Stratós) gegründet. Der ELAS wurde mit zeitweise ca. 120.000 Kämpfer und Kämpferinnen zur stärksten militärischen Macht des griechischen Widerstandes.
Eine weitere auf dem Festland agierende Widerstandsorganisation war die 1941 gegründete bürgerliche EDES (Ethnikos Dimokratikos Ellinikos Syndesmos), die Nationale Demokratische Griechische Liga, deren Gründungsdokument noch sozialistische Ziele enthielt, die aber später politisch nach rechts rückte.
Auf Kreta entstand 1942 neben der EAM die von den Briten mitbegründete „Nationale Organisation Kretas“, EOK (Ethniki Organosis Kritis).
Doch weder EDES noch EOK erreichten eine mit der EAM bzw. dem ELAS vergleichbare Mitgliederstärke.
In den von der EAM kontrollierten Gebieten wurden z. T. Bürgerversammlungen und Gerichtsage abgehalten, Versorgungs- und Warnsystem organisiert und Behörden wie die Gendarmerie übernommen.
In einigen Dörfern wurde die Idee der Gemeindekomitees entwickelt, die sich um das dörfliche Zusammenleben, Verwaltungsaufgaben und Gemeindegerichte bis hin zu Ernährungs- Bildungs- und Ordnungsfragen kümmern sollten. Beim Entwurf dieser kommunalen Strukturen wurde auch auf die gleichberechtigte Beteiligung von Frauen geachtet. Selbst wenn diese Gemeindekomitees nur in einigen Dörfern praktiziert wurden, so trugen ihre Grundgedanken doch zu veränderten Auffassungen in der Bevölkerung bei.
Ein wesentlicher Beitrag zur Stärkung der Widerstandsstrukturen und zur Unterstützung der Bevölkerung war die bereits im Mai 1941 gegründete Nationale Solidarität, EA (Ethniki Allilengi). Das „Rote Kreuz der Resistance“ sammelte insbesondere aufgrund des Engagements von Frauen große Summen, die zur Unterstützung Notleidender – vor allem für Angehörige Verhafteter oder Exekutierter – sowie für den Wiederaufbau abgebrannter Dörfer verwendet wurden. In den befreiten Gebieten gründete die EA des weiteren Volkskrankenhäuser, Volksapotheken und Kindergärten.
Besatzungsregierung und Kollaboration
Als die deutschen Truppen im April 1941 in Griechenland einmarschierten, hatten der König und die griechische Regierung das Land bereits verlassen. Griechische Generäle nahmen eigenmächtig Verhandlungen mit den Deutschen auf und am 29. April 1941 wurde in Athen die erste Besatzungsregierung unter General Tsolakoglou gebildet, der sehr bald von den Deutschen abgesetzt wurde. Nach einer kurzlebigen zweiten Besatzungsregierung folgte eine dritte unter dem royalistischen Berufspolitiker Ioannis Rallis. Im Gegensatz zu den vorangegangen Regierungen kamen seine Regierungsmitglieder aus dem Kreis „alter Politiker“, die z. T. schon unter dem Militärdiktator Metaxas gearbeitet hatten und die auch unter der deutschen Besatzung ihre Karriere fortsetzen wollten. Als Konservativer und Royalist war Ioannis Rallis’ Zielsetzung der Erhalt bzw. die Wiederherstellung der Monarchie als Staats- und Regierungsform. In den Jahren 1943/44 begann Rallis mit dem Aufbau so genannter Sicherheitsbataillone (Tagmata Asfalias), um sie gegen die kommunistischen und antimonarchistischen Widerstandsgruppen einzusetzen. Die britischen Führungskräfte verurteilten anfangs den Einsatz der Sicherheitsbataillone gegen Teile des griechischen Widerstandes, doch angesichts des Erstarkens der kommunistisch beeinflussten Widerstandsorganisationen begannen auch die Briten mit ihnen zu kooperieren. Die Sicherheitsbataillone waren nicht das einzige Geschenk, das die Besatzungsregierung der italienisch-deutschen Besatzungsmacht machte, sie stellte ihr sogar den funktionierenden Staatsapparat zu Verfügung.
Doch auch Teile der griechischen Gesellschaft kollaborierten mit den Invasoren, z. B. die, die an der Stationierung der Besatzungstruppen verdienten bzw. geschäftliche Beziehungen mit den Besatzungstruppen oder deutschen Firmen pflegten, bis hin zu Waffen und Munitionsbetrieben, die für die Besatzungsmacht produzierten.
Politische Differenzen und die Anfänge des griechischen Bürgerkriegs
Auf Kreta arbeiteten EAM und EOK noch bis 1943 in einer gemeinsamen Front gegen die Deutschen. Im Verlauf des Jahres 1943 gewannen politische Differenzen auch auf Kreta an Bedeutung. Es bildeten sich zwei Lager. Die royalistisch-konservativen Kräfte in Griechenland beobachteten das Erstarken der kommunistischen Organisationen mit Argwohn.
Auf dem Festland begann sich im Frühjahr 1943 die griechische extreme Rechte in bewaffneten Verbänden zu organisieren. Wesentliche Zielsetzung war die Bekämpfung der EAM bzw. des ELAS. Von einigen konservativen Gruppierungen wurde öffentlich vor der „Gewaltpolitik“ der EAM gewarnt und die rechte Panhellenische Befreiungsfront (PAO) erklärte im August 1943 ihre Bereitschaft, für den Kampf gegen die Kommunisten auch mit den Deutschen zu kollaborieren.
Die Deutschen wollten diese Entwicklung nutzen und versuchten mit Vertretern der EOK Kontakt aufzunehmen, um die politischen Pole zum eigenen Nutzen und im Rahmen des Kampfes gegen den Kommunismus gegeneinander auszuspielen.
Im Oktober 1943 hatte Hitler eine Weisung über „die einheitliche Führung des Kampfes gegen den Kommunismus im Südosten“ erlassen. Der Oberbefehlshaber Südost, Alexander Löhr, verantwortlich für die auf Kreta – sowie in Serbien und Kroatien – stationierten Wehrmachtstruppen, formulierte als zukünftige politische Linie: „politische Maßnahmen im Zuge der (...) Bekämpfung des Kommunismus, für die der antikommunistische Teil der griechischen Bevölkerung restlos eingespannt werden muss, damit er sich eindeutig festlegt und in offener Feindschaft zum kommunistischen Teil getrieben wird“.
Folglich wurde die griechische Polizei durch SS und deutsche Polizei verstärkt und bewaffnet. Diese Sicherheitsbataillone dienten der Wehrmacht als Hilfstruppen und Spitzel. Das Ziel, die kommunistischen Strukturen zu schwächen, führte nicht nur zu übereinstimmenden Interessen zwischen den deutschen Besatzern und den rechten griechischen Verbänden. Auch die britische Griechenlandpolitik verfolgte immer antikommunistische Ziele. Zwar gab es zu Beginn eine gewisse Uneindeutigkeit, da die politische Führung Großbritanniens und der britische Auslandsgeheimdienst SIS (Secret Intelligence Service) eine klare antikommunistische und promonarchistische Linie vertraten, während das Kairoer Hauptquartier Nahost und die britische Geheimdienstabteilung SOE (Special Operations Executive) aus pragmatischen Erwägungen eine gewisse Zusammenarbeit mit der EAM/ELAS praktizierte. Doch mit der Niederlage des deutschen Afrikakorps im November 1942 und der Wende des Krieges in Osteuropa bei Stalingrad Anfang 1943 traten die Nachkriegsinteressen der britischen Politik in den Vordergrund. So erhielten die konservativen Widerstandsorganisationen EDES/ EOK durch britische Transportflugzeuge mehr Waffen und Lebensmittel.
Im Oktober 1943 erreichten die Spannungen zwischen den Widerstandsgruppen auf dem Festland ihren vorläufigen Höhepunkt. Es kam zu Kämpfen zwischen den Verbänden des ELAS und der EDES. Der ELAS begründete die Angriffe auf die Truppen der EDES u. a. mit dem Vorwurf der Kollaboration mit der Besatzungsmacht. Diese ersten offenen Auseinandersetzungen zwischen ELAS und EDES gelten als Anfänge der ersten Phase des griechischen Bürgerkrieges.
Verhandlungen für eine Regierung der Nationalen Einheit
Bereits im August 1943 hatten sich Delegierte der Partisanenorganisationen, britische Militärbefehlshaber, der griechische König und die griechische Exilregierung in Kairo getroffen, um über eine zukünftige Regierung der Nationalen Einheit zu verhandeln. Doch als die Partisanendelegation Schlüsselpositionen im Exilkabinett einforderten und gegen eine Rückkehr des Königs plädierten, lehnten die übrigen Teilnehmer ab und das Zusammentreffen wurde als gescheitert beendet.
Um die faktischen Machtverhältnisse in den Bergen zu institutionalisieren, gründete die EAM am 10. März 1944 als eine Art provisorische Regierung das „Politische Komitee der nationalen Befreiung“ (PEEA – Politiki Epitropi Ethnikis Apeleftheros). Die PEEA sollte die Koordinierung des Widerstandes und eine Volksabstimmung über die konstitutionelle Frage sowie freie Wahlen für eine verfassungsgebende Nationalversammlung sicherstellen. Als politisches Gegengewicht sollte die PEEA zudem die Kairoer und Athener-Politiker unter Druck setzen, um die Beteiligung der neuen Macht aus den Bergen im Rahmen einer Kabinettserweiterung durchzusetzen. Auch wenn die PEEA eng mit der EAM verknüpft war, stellten die Kommunisten nur zwei der insgesamt elf Mitglieder. Die Mehrheit wurde von nicht-kommunistischen Linken und Liberalen besetzt. Zur Realisierung ihrer Ziele - Administration der befreiten Gebiete, Reorganisation des Widerstandes, Garantie individueller Freiheiten, Bekämpfung aller diktatorischen Regungen - erließ das Komitee (PEEA) legislatorische Akte und Beschlüsse. 1944 wurden erneut Verhandlungen aufgenommen. Während die britischen Militärbefehlshaber, die Vertreter bürgerlicher Widerstandsorganisationen, und die in Kairo sitzende griechische Exilregierung mit besonderem Nachdruck die Entwaffnung der kommunistischen Partisanenverbände forderten, forderten die Vertreter der PEEA eine dem gesellschaftlichen Kräfteverhältnis entsprechende Regierungsbeteiligung und die Strafverfolgung griechischer Kollaborateure. Doch trotz ihrer Funktion als tragender Säule im Widerstand gegen die deutsche Besatzungsmacht und in der kommunalen Selbstverwaltung, spielten die EAM/ELAS und die PEEA in den Verhandlungen um die „Nationale Einheit“ keine entsprechende Rolle.
Die Meuterei – Revolte der Streitkräfte im Nahen Osten
Am 31. März 1944 überreichte ein „Komitee nationaler Einheit“ bestehend aus dreizehn in Ägypten stationierten Offizieren von Heer und Luftwaffe dem Premier ein Memorandum. Hauptforderung war die schnellstmögliche Bildung einer Regierung, die – auf der PEEA aufbauend – die kämpfende Bevölkerung repräsentieren sollte. Wenig später sprach sich das griechische Exilkabinett für die Verhaftung der Komiteemitglieder aus. Kurz darauf verhaften britische Militärpolizisten einige Mitglieder des Einheitskomitees und weitere „Rädelsführer“.
In der Bevölkerung stieg die Erbitterung gegen die Briten. Kämpften viele Griechen zuvor noch für nationale Einheit, wandelte sich das nun in einen Kampf für nationale Souveränität. Im April 1944 folgte die Revolte der in Ägypten stationierten griechischen Soldaten. Mitglieder des „antifaschistischen Koordinationsbüro“ und der „antifaschistischen Militärorganisation“ (ASO) entmachteten die reaktionären Offiziere der nach Ägypten zurückgezogenen griechischen Armeeeinheiten. Die rebellierenden Soldaten forderten von den politischen Führungskräften, die Vertreter der griechischen Widerstandsgruppen bei der Bildung der „Regierung der Nationalen Einheit“ angemessen zu berücksichtigen. Der mehrtägige Aufstand wurde letztendlich durch die Aufgabe beteiligter Soldaten und durch den Einsatz britischer Polizeikräfte und indischer Hilfskräfte niedergeschlagen. Tausende griechische Soldaten, die sich an der Revolte beteiligt hatten, wurden gefangen genommen.
Konferenz im Libanon und Vertrag von Caserta
Wenige Tage nach dem Aufstand fand im Mai 1944 im Libanon eine Konferenz zur Frage der Regierung der Nationalen Einheit statt. An der Konferenz nahmen Vertreter aller Widerstandsorganisationen, der griechischen Exilregierung, sowie der politischen und militärischen Führung Großbritanniens teil. Am Ende wurde der „Libanon-Vertrag“ geschlossen, der die Eingliederung der Partisanenverbände in eine entpolitisierte Armee unter dem Kommando der künftigen Regierung vorsah und der die Konstituierung einer zukünftigen griechischen Regierung einleitete. In einem weiteren, wenig später im italienischen Caserta getroffenen Abkommen, wurde die Unterstellung der griechischen Partisanenverbände unter den Oberbefehl des Kommandeurs der Alliierten Streitkräfte, General Scobie, besiegelt. Zudem teilte der „Vertrag von Caserta“ die zukünftigen Operationsgebiete auf. Diese Aufteilung bedeutete für die EAM die Freigabe entscheidender „Hoheitsgebiete“ und damit der Verzicht auf eine mögliche Machtergreifung während des Rückzugs der deutschen Truppen. Nachdem sich die Wehrmacht vom griechischen Festland zurückgezogen hatte – auf Kreta waren die deutschen Soldaten noch bis Mai 1945 aktiv – kehrte der griechische Premierminister Papandreou mit seiner Regierung nach Athen zurück.
Die Dekemvriana – die Schlacht um Athen
Anfang Dezember erteilte der britische Militärkommandeur General Scobie in Absprache mit der griechischen Regierung die Weisung, die Polizeitruppen der EAM aufzulösen und sie durch die neuen Polizeitruppen zu ersetzen. Einen Tag später ordnete der britische General die Demobilisierung aller paramilitärischen Kräfte an. In der Anordnung wurden jedoch ausschließlich die EAM, der ELAS und die Polizeitruppe der EAM genannt. Aus Protest gegen die Demobilisierung der kommunistischen Partisanenverbände bei gleichzeitiger Nichtverfolgung griechischer Kollaborateure und der Aufstellung einer rechtslastigen Nationalgarde rief die EAM zum 3. Dezember 1944 zu einer Demonstration nach Athen auf und zu einem Generalstreik am 4. Dezember. Obwohl die Regierung die von der EAM angemeldete Demonstration am Vorabend verboten hatte, versammelten sich ca. 500.000 Menschen, um gegen die Regierung Papandreou zu protestieren. Als sich der Demonstrationszug dem Polizeihauptquartier näherte, eröffneten Polizisten ohne Vorwarnung das Feuer und töteten mehrere Zivilisten. Noch am selben Tag begannen Einheiten des ELAS Polizeistationen anzugreifen und zu besetzen. General Scobie verhängte das Kriegsrecht und richtete ein Ultimatum an die ELAS-Führung zum Rückzug aller ELAS-Einheiten aus Athen.
Es folgten kriegerische Auseinandersetzungen zwischen den regierungstreuen und den britischen Truppen auf der einen, und den Einheiten des ELAS auf der anderen Seite. Britische Flugzeuge bombardierten im Dezember 1944 Arbeiterviertel Athens. Anfang Januar 1945 gewannen die britischen im Schulterschluss mit den regierungstreuen, griechischen Einheiten und mit Hilfe italienischer Truppen die Oberhand. In der 33 Tage dauernden Dekemvriana (Dekemvris = Dezember) starben ca. 7.000 Kämpfer des ELAS. 12.000 Personen aus dem linken und kommunistischen Lager wurden verhaftet und einige in britische Gefangenenlager gebracht.
Abkommen von Varkiza – Demobilisierung des ELAS
Die als „Dekemvriana“ bezeichneten Kämpfe endeten Mitte Januar mit einem Waffenstillstand und am 12. Februar 1945 nach zehntägiger Verhandlung mit dem Abschluss des Abkommens von Varkiza. An den zehntägigen Verhandlungen in dem Athener Vorort Varkiza hatten Vertreter der griechischen Regierung, der politisch-militärischen Führung der Briten und der EAM/ELAS teilgenommen. Mit dem Abkommen verpflichteten die Delegierten der EAM/ ELAS die Mitglieder ihrer Organisation, die Waffen abzugeben und bis zum 15. März 1945 die völlige Demobilisierung zum Abschluss zu bringen. Trotz der erlittenen Verluste im Rahmen der Dekemvriana kontrollierte die EAM zu jener Zeit immer noch den größten Teil des griechischen Territoriums. Als Gegenleistung wurde den Delegierten zugestanden, dass die EAM und die Kommunistische Partei Griechenlands (KKE) als legale Organisationen anerkannt und die griechischen Kollaborateure aus dem öffentlichen Dienst und der Sicherheitsorgane entlassen werden sollten. Außerdem sollten so genannten „politische Vergehen“ amnestiert werden.
Nachdem die im Varkiza-Abkommen beschlossene Demobilisierung abgeschlossen war, verstärkten die rechten Verbände ihre Übergriffe gegen die unbewaffneten Linken. Eine führende Rolle spielte die royalistische Organisation „X“ (Chi) oder die stillschweigend rehabilitierten Sicherheitsbataillone. Nach Angaben der EAM wurden im Jahr nach dem Varkiza-Abkommen 1.192 Linke ermordet, 159 EAM- oder KKE-Sympathisantinnen vergewaltigt, 6.413 Personen von rechten Schlägern verletzt und 551 Büros und Druckereien verwüstet. Das griechische Justizministerium soll offiziell angegeben haben, dass bis Dezember 1945 knapp 49.000 Personen, die der EAM bzw. ELAS angehörten, strafrechtlich verfolgt wurden. Die EAM sprach bereits im Juli 1945 von 60.000 ELAS-Angehörigen, die unterdrückt, eingekerkert oder ermordet worden waren. In der Zeit zwischen dem Abschluss des Varkiza-Vertrages im Februar 1945 und März 1946 wurden insgesamt 85.000 Menschen aus politischen Gründen inhaftiert. Während Teile der EAM-Führung und der KKE zunächst an der Beteiligung an einem demokratischen System orientiert blieben, verweigerten viele Mitglieder die Abgabe ihrer Waffen. Tausende flohen in die Berge oder über die Nordgrenze, insbesondere nach Jugoslawien, um Übergriffen oder Verhaftungen rechter Verbände und griechischen Sicherheitsorganen zu entgehen. Zuweilen auch, um sich dem Zugriff der eigenen Partei zu entziehen, denn Mitgliedern wurde gelegentlich befohlen, zur griechischen Armee zu gehen.
Die im Abkommen von Varkiza zugestandene Amnestie für politische Vergehen wurde wegen der praktizierten Rechtsauslegung kaum umgesetzt, so dass viele EAM-Mitglieder nun doch strafrechtlicher Verfolgung ausgesetzt waren. Die beschlossenen Maßnahmen gegen griechische Kollaborateure wurden kaum befolgt. Nur wenige Spitzenkollaborateure wurden entfernt, während in weiten Teilen des Staatsapparats dieselben Personen ihren Dienst fortsetzen konnten, die auch schon dem Besatzungsregime und oder dem Militärregime von Metaxas gedient hatten.
Zwar gab es im Frühjahr 1945 einen Prozess gegen die Ministerpräsidenten der Besatzungsregierungen und 27 Mitarbeiter, denen die „freiwillige Kollaboration mit der Besatzungsmacht, freiwillige Bereitstellung von Lebensmitteln und Arbeitskräften für die Okkupanten und freiwillige Propagierung der politischen Ziele der Besatzer“ vorgeworfen wurde und das Gericht verhängte zunächst gegen einen der Angeklagten die Todesstrafe und gegen die weiteren Angeklagten lebenslange Haft. Doch die Urteile wurden später abgemildert und keiner der Angeklagten musste seine Strafe absitzen. Diese Prozesse zeigten insgesamt, dass der griechische Staat nicht konsequent gegen die Kollaborateure vorgehen wollte. Zwar wurden zunächst Strafen verhängt, letztendlich aber ausgesetzt. Dabei spielte die Zuspitzung des Konflikts zwischen dem kommunistischen, linken Lager und der Regierung eine entscheidende Rolle.
Wahlen, Notstandsgesetze und politische Gefangene
Für das Frühjahr 1946 wurden in Griechenland Wahlen angesetzt, die ersten seit 1936. Doch angesichts des kaum umgesetzten Varkiza-Vertrages, insbesondere wegen der Weiterbeschäftigung der griechischen Kollaborateure in den Behörden, stellte die kommunistische Führung die Möglichkeit freier Wahlen unter den bestehenden Bedingungen in Frage und entschied sich für einen Wahlboykott. Während die Delegierten der EAM wenige Monate zuvor bei den Verhandlungen des Varkiza-Vertrages für einen verfassungsmäßigen Weg zur Macht plädiert und jene Mitglieder als Verräter bezeichnet hatten, die die Waffenabgabe verweigerten, votierte die kommunistische Führungsspitze nun für die Wiederaufnahme des bewaffneten Kampfes. Die breite Wahlenthaltung des linken Spektrums führte dazu, dass die Wahlbeteiligung nach offiziellen Angaben nur 50% betrug. Das ‚Vereinigte Lager der Nationalgesinnten‘, ein Bündnis aus Volkspartei und Nationaler Liberaler Partei gewann die Wahl.
Im Juni 1946 wurde ein Notstandsgesetz verabschiedet, das für Delikte, die „die Sicherheit des Staates gefährden“ die Todesstrafe vorsah und Streiks und Demonstrationen verbot. Im Herbst 1946 wurde ein Plebiszit über die Verfassungsfrage durchgeführt, das mit 68% der abgegebenen Stimmen für eine Rückkehr des Königs endete – Ende September 1946 kam er dann auch. Im Oktober 1946 vereinten sich verstreute ehemalige ELAS-Mitglieder und gründeten die „Demokratische Armee Griechenlands“ (DSE – Dimokratikos Stratos Elladas). In den Jahren 1946 und 1947 nahm die DSE den Kampf gegen die griechische Regierung bzw. gegen Polizei und Nationalgarde wieder auf. Polizeistationen, Armeeposten, Infrastruktureinrichtungen und politische Gegner wurden angegriffen. Die griechische Regierung schickte die 1944 neu aufgestellte griechische Armee gegen die DSE-Truppen ins Feld, die von Großbritannien militärisch unterstützt wurde. Ab März 1947 übernahmen die USA auf der Grundlage der Truman-Doktrin die Unterstützung der griechischen Regierung mit Geld und Waffen. Im Herbst 1948 kam es zum Bruch zwischen den jugoslawischen Kommunisten unter Tito und Stalin. Die DSE, die von Tito aktiv unterstützt wurde, stand unter Kontrolle der Moskau-treuen Kommunistischen Partei Griechenlands KKE. Tito stoppte die Unterstützung der DSE, da die Kommunistische Partei Griechenlands sich nicht gegen die Sowjetunion stellen wollte. Im August 1949 musste sich die ca. 26.000 Mitglieder zählende DSE geschlagen geben. Am 9. Oktober 1949 beschloss das Zentralkomitee der KKE die Einstellung der Kampfhandlungen. Die KKE-Führung setzte sich aus Albanien über Ungarn nach Moskau ab.
Nach offiziellen Angaben des Kriegsministeriums wurden 1946 bis 1949 36.920 Personen von speziellen Kriegsgerichten verurteilt, 4.849 davon zum Tod. Nach Angaben der KKE befanden sich im September 1947 insgesamt 19.620 politische Häftlinge in Gefängnissen und 36.948 auf Verbannungsinseln. Die Zahl der Toten des Bürgerkrieges schwankt zwischen 44.000 und 158.000, die der Flüchtlinge zwischen 80.000 und 703.000. Neben der Vertreibung von Minderheiten wie der der slawischen Mazedonier litt die Zivilbevölkerung insgesamt massiv unter den Folgen und Auswirkungen des Bürgerkriegs, so wurden z.B. ganze Dörfer und Landstriche während des Krieges von der griechischen Armee „evakuiert“ (sprich: entvölkert), um den Truppen der DSE Operationsmöglichkeiten zu entziehen. Bis Ende 1948 erhöhte sich die Zahl der „Evakuierten“ auf etwa 750.000 und erreichte damit 10 % der Gesamtbevölkerung.
Literatur
Arbeitsgruppe Marxismus: Revolution und Konterrevolution, Wien 2005
Clogg, Richard: Geschichte Griechenlands um das 19. und 20 Jahrhundert, Ein Abriss. Köln 1997
Fleischer, Hagen: Im Kreuzschatten der Mächte, Griechenland 1941–1944, Frankfurt am Main 1986
Kadelbach, Ulrich: Schatten ohne Mann, Mähringen 2002
Mazower, Mark: Military Violence and National Socialist Values: The Wehrmacht in Greece 1941-1944; in Past & Present, No. 134 (Feb., 1992)
Papadimitriou/Paschos: Kollaboration und Bürgerkrieg; in 1999 – Zeitschrift für Sozialgeschichte des 20. und 21. Jahrhunderts 2/91
Raeck, Karina: Andartis – Monument für den Frieden
Seckendorf, Martin: Ungesühnt; Befriedung der Festung; Vernichtungskrieg gegen Links, Artikelserie in junge welt, Berlin 2000
Voglis, Polymeris: Becoming a Subject; Political Prisoners during the Greek Civil War, New York 2002
Xylander, Marlen von: Die deutsche Besatzungsherrschaft auf Kreta 1941–1945, Hamburg 1986